Die „Pénitentsblancs“ von Montpellier
und die
Kapelle Sainte-Foy
Geschichte der Kapelle
Die Kapelle der „Pénitents blancs“ (Weiße Büßer) liegt im Herzen des alten Montpellier. Sie ist der Hl. Jungfrau Foy geweiht, die um 290 in Agen den Märtyrertod erlitten hatte. Erbaut wurde sie zum Ende des 12. Jh. Sie ist zweifellos die älteste noch am ursprünglichen Ort erhaltene Kirche im Stadtzentrum. Wir wissen jedoch praktisch nichts über ihr Aussehen und ihre Ausstattung in dieser Epoche. Sie wurde erstmals im 14. Jh. umgebaut.
Die Bruderschaft hat sich dort zu Anfang des 16. Jh. niedergelassen. Während der Religionskriege wurde die Kapelle zerstört und 1568 verblieben nur noch die Grundmauern und die durch einen Bogen mit dem Stadtpalais „Hôtel Jacques Cœur“ verbundene Fassade. Über mehr als ein halbes Jahrhundert diente der Ort als Friedhof.
Durch eine Anordnung des Bischofs von Montpellier, Monseigneur de Fenouillet, wurde die Ruine von Ste Foy 1623 der Bruderschaft zurückgegeben, die symbolisch ein Kreuz an der Fassade errichtete. Der Wiederaufbau wurde unmittelbar danach begonnen und die Kapelle am Heiligen Abend 1624 neu geweiht. Sie wurde allerdings wegen ihrer „weißen Wände“ und dem „nackten Gebälk“ als „Lagerhalle“ beschrieben. 1633 und 1647 wurde sie vergrößert und 1685 aufgestockt.
Vom 22. September bis zum 4. Oktober 1632 wohnten Ludwig XIII und Anna von Österreich der Messe bei.
Während der Revolution wurde die Bruderschaft verboten, die Kapelle 1793 enteignet und als ein staatliches Gut verkauft. Sie diente dann u.a. als Lagerhalle, Schule, Scheune und drohte 1801 zu verfallen.
Zunächst mietete die noch offiziell verbotene Bruderschaft die Kapelle und kaufte sie schließlich am 30. Mai 1804 zurück. Dank einer Intervention von Jean-Jacques-Régis de Cambacérès, des Erzkanzlers des Kaiserreiches und ehemaligen Prior der Bruderschaft (1790) wurde sie 1805 durch ein kaiserliches Dekret dem Kult zurückgegeben. Umfangreiche Renovierungsmaßnahmen fanden während des gesamten neunzehnten Jahrhunderts, insbesondere in den Jahren 1805 und 1875 statt.
Im Jahr 1905, der Zeit der Trennung von Kirche und Staat, versuchte die Staatsgewalt vergeblich, die Kapelle zu verstaatlichen. Die Bruderschaft konnte sowohl den privaten Charakter des Gebäudes wie auch dessen völlige Autonomie bewahren. Heute ist sie noch immer im Eigentum der als gemeinnützig anerkannten Gemeinschaft der „Pénitents blancs“. Regelmäßig finden hier Gottesdienste, Eucharistische Anbetungen, Rosenkranz- und Kreuzwegandachten statt.
Führung durch die Kapelle
Die Fassade stammt zum Teil aus dem Mittelalter und der Bogen, der die Straße überspannt, aus dem 15. Jr. Der Glockenturm aus dem 17. Jh. beherbergt eine Glocke, die 1401 gegossen wurde. Das Portal und der dahinter befindliche Windfang von 1747 sind ein schönes Beispiel für den Rocaille-Stil. Die Innenausstattung erfolgte zwischen 1641 und 1706. Der Büßende sollte sich „umfangen fühlen von Kunstwerken, die zum Gebet führen“. Die Kapelle sollte sehr hell sein, aber durch das Verschließen der Südfenster ist sie dunkel. Die Ausschmückung wurde im 19. Jh vervollständigt und umfasst u.a.
1) Eine gegliederte Decke aus dem 17. Jh., die hauptsächlich den Kunstmalern Paul Pezet und Simon Raoux aus Montpellier zugeschrieben wird. Sie stellt das Leben unseres Herrn Jesus Christus umgeben von den vier Evangelisten dar. Die restlichen sechs Gemälde gingen während der Französischen Revolution verloren. Die Medaillons und die Malereien oberhalb der Fenster stammen von Antoine Ranc.
2) Die Wandvertäfelung aus vergoldetem Holz wurde zwischen 1698 und 1706 von Augustin-Charles d’Aviler entworfen und ausgeführt, der unter anderem der Schöpfer des Triumphbogens am Peyrou war. Den unteren Teil der Wände schmücken folgende Gemälde (vor allem aus dem 19. Jh.): - Auf der Seite der Kanzel, ausgehend vom Hauptaltar: Hl. Ludwig verehrt die Hl. Épine, Hl. Jérome in der Wüste, Hl. Johannes der Täufer (Vien, Kopie), Kreuzigung (17. Jh., Rückwand der Kanzel) Rast der Hl. Familie und Pietà, - gegenüber Gelübde von Ludwig XIII, die Samariterin, Hl. Genoveva (18. Jh.), die Seitenkapelle der Hl. Jungfrau (Altar 2015 restauriert), Apotheose des Unbefleckten Herzens Mariens, Kreuzabnahme, Altar d. Hl. Theresa von Lisieux und Jesus einen Gelähmten heilend.
3) Vergoldete Holzskulpturen (17.Jh.). Sie stammen von dem alten Retabel und verkleiden den Hauptaltar mit dem Antependium und den Flachreliefs Die Geburt und Ein Engel erscheint Gideon. Von der gleichen Herkunft sind die beiden Leuchter-tragenden Engel sowie die Säulen und Pilaster die den Chorbogen stützen. Dies gilt ebenso für die Statuen des Hl. Johannes d. Täufers und der Hl. Maria Magdalena sowie für die Flachreliefs unter dem Fenster in der dahinter liegenden Chor-Sakramentskapelle.
4) Tabernakel aus polychromem Marmor mit einer darüberstehenden Palme. Sie symbolisiert das Hl. Kreuzesopfer und den Ruhm der Auferstehung. Sechs versilberte Altarleuchter stammen aus dem 18. Jh.
Die Kapelle steht mit ihren Kunstwerken - ein Ensemble großer Kohärenz und künstlerischen Reichtums - seit 1995 unter Denkmalschutz „.
Die Bruderschaft
Katholische Frauen und Männer, die hauptsächlich Laien sind und aus allen sozialen Schichten stammen bilden diese Bruderschaft. Sie kommen zusammen, um Nächstenliebe auszuüben und für das Wohl der Seelen zu beten. Die „Pénitents blancs“ sind keine Ordensgemeinschaft und jede Bruderschaft ist unabhängig.
Der Habit der Brüder besteht aus einer Tunika, dem „Saq“, einem Gürtel aus Stricken und einer Kapuzenmütze als Zeichen der Demut. Unter ihrer Kapuze sind alle „Pénitents blancs“ Geschwister und sind angehalten, sich nur Gott und ihren Nächsten aufzuopfern. Die Schwestern tragen ein Spitzentuch. Das Weiß erinnert an die Reinheit des Hl. Geistes und der Unbefleckten Empfängnis.
Die „Pénitents blancs“ von Montpellier sollen um 1230 zur Zeit des Hl.Franziskus von Assisi und des Hl. Antonius von Padua in Erscheinung getreten sein. Aber erst 1517 nahm die Bruderschaft ihre aktuelle Gestalt an. Sie ist dem Hl. Geist geweiht und steht unter dem Schutz der Hl. Jungfrau Maria. 1586 wurde die Kapelle Ste Foy zerstört und die „Pénitents blancs“ suchten vorübergehend Zuflucht in der Kirche Ste Croix auf dem Place de la Canourge, die sie wieder errichteten.1623 konnte die Bruderschaft in der Kapelle Ste Foy zurückkehren und sie neu aufbauen. Sie nahm ihre Aktivitäten im Gebet und in der Nächstenliebe wieder auf: Bestattung der Armen, Begleitung der Verurteilten und Besuche von Kranken.
Während der Revolution war die Bruderschaft verboten und konnte sich erst ab1801 neu organisieren. Sie verteilte wiederum Brot, unterstützte Mütter in Not und schuf 1876 eine Krankenversicherung auf Gegenseitigkeit. Heute sorgt sie für den Unterhalt und die Renovierung der eigenen Kapelle sowie der öffentlichen Kreuze in der Stadt. Darüberhinaus begleitet sie die Bestattungen auf dem Friedhof St. Lazare.
Auch wenn viele Mitglieder der „Pénitents blancs“ einfache Leutewaren, wurden einige von ihnen berühmt, wie zum Beispiel die Kardinäle de La Roche-Aymon, de Cambacérès und de Rovérié de Cabrières, die Ärzte François Gigot de Lapeyronie und François Chicoyneau, der Physiker Henri Pitot, die Historiker Augustin Flicheund Louise Guiraud, die provenzalischen Dichter Albert Arnavielle und Frédéric Mistral. Einige haben die Geschichte geprägt wie Jean-Jacques-Régis de Cambacérès, dessen Mutter Rose Vassal, der Marschall O’Brien de Thomond, die Prinzessin von Radziwill, die Duchesse Matignon, die Prinzessin Maria Caterina von Monaco, der Kunstsammler Jean-Pierre Collot. Fünf „Pénitents blancs“ aus Montpellier haben an der Belagerung von Yorktown 1781 teilgenommen.
Die Restaurierungsmaßnahmen, die uns durch den Verfall der Kapelle auferlegtwerden, sind langwierig und kostspielig. Es ist aber wichtig, dieses bedeutende Kulturdenkmal unserer Heimat zu erhalten. Diese Stätte des Gebetes und des Zusammenkommens ist Eigentum der „Frommen und Ehrwürdigen Bruderschaft der Pénitents blancs, der Bewahrerin der öffentlichen Kreuze der Stadt“.
DEVOTE ET RESPECTABLE CONFRERIE DES PENITENTS BLANCS DE MONTELLIER, CONSERVATRICE DES CROIX PUBLIQUES DE LA VILLE